Viele Wege führen nach Philadelphia

Ja ich weiß, es ist mittlerweile kalter Kaffee aber Obama ist der neue Präsident. Überraschung! Ich wurde von sehr vielen gefragt wie es hier vor den Wahlen abläuft und wie meine Familie eingestellt ist. Von den Wahlen hat man so gut wie gar nichts mitbekommen. Ich hätte gedacht, dass die Amerikaner einen riesen Gaudi um die Wahlen machen – war aber nicht so. Hier waren nicht mal irgendwelche große Parteislogan oder Ähnliches angebracht wie man es von den deutschen Wahlen her kennt. Das Einzige was es hier gab, waren Plastik DINA4 Schilder welche viele Familien in ihren Gärten angebracht haben, um ihre Meinung zur Schau zu stellen. Ich habe auch ein paar Au Pair Mädels aus Los Angeles, Chicago, Atlanta und Boston gefragt wie es bei ihnen abläuft. Die haben mir nichts anderes erzählt. Ich habe auch nur einmal mit meinem Gastvater, ein paar Wochen vor den Wahlen, darüber gesprochen, dass es so ruhig ist und dass man sozusagen gar nicht mitbekommt. Er war meiner Meinung und hat mich gefragt wie es in Deutschland vor den Wahlen abgeht und ob die Deutschen eher für Obama oder Romney sind. Soweit ich weiß, ist Deutschland und überhaupt Europa eher für Obama. Hauptsächlich wegen der strukturierteren Außenpolitik und der „Obamacare“ – ich hoffe, ich habe ihm damit keinen Schrott erzählt? Und nein ich will keine politischen Kommentare lesen oder damit eine Diskussion starten, danke.

Ein Tag vor den Wahlen wurde dann auch in Anas und Alex‘ Schule über die zwei Kandidaten abgestimmt und Obama hatte in beiden Schulen die Mehrheit der Schüler auf seiner Seite. Heute vor einer Woche haben meine Gasteltern das erste Mal mit den Kindern über die Wahlen gesprochen und wollten von den Kindern wissen wieso sie für Obama gestimmt haben. Anas Antwort war weil Obama süßer ist als Romney. Das hat meinen Gastvater fast auf die Palme gebracht und er hat dann der 6 jährigen irgendwas von den Wahlprogrammen erzählt….. Die Kids waren so gespannt und haben dann auch eine Wahl in unserem Haus gestartet – hier hat jeder für Obama gestimmt außer meine Gastmutter für Romney.

 

Ansonsten war ja auch Halloween welches wie Weihnachten, Silvester und Ostern an einem Tag zusammen gefeiert wird. Alle sind am Dekorieren, Süßigkeiten einkaufen, Verkleiden und natürlich am Ausrasten vor Aufregung. Durch den Hurrikane war eben der beste Tag im ganzen Jahr in Gefahr und die Kids wollten ständig den Wetterbericht schauen um sicherzugehen, dass sie am Halloweenabend von Haus zu Haus gehen können. Ging letztlich alles gut aus und hier ist auch nicht allzu viel passiert. Sind ein paar Bäume umgefallen und wer Pech hatte, hatte hier in meiner Gegend sogar eine gute Woche keinen Strom. Aber bei uns zu Hause war soweit alles gut bis auf, dass die Internetverbindung nicht konstant war und der Strom ab und zu weg war, sind wir gut davon gekommen im Gegensatz zu den Gegenden direkt an der Küste. Meinem Nachbar hat es den kompletten Holzzaun mitgenommen aber an unserem Haus ist zum Glück nichts passiert. Es wurden bis jetzt zum Wochenende die ganzen umgefallenen Bäume verarbeitet und Stromleitungen von Ästen und umgeknickten Bäumen befreit. An Halloween war es dann nicht mehr windig aber schlagartig kalt. Ivana und ich sind mit den beiden Kids raus um an ein paar Häusern „Trick or treat, smell my feet, give me something good to eat! If you don't, I don't care, I'll pull down your underwear! aufzusagen.

Und kaum ist Halloween vorbei sind die ersten Geschäfte auch schon wieder passend zur kommenden Adventszeit um dekoriert.

Power Ranger Alex und Ana als Prinzessin Cinderella
Power Ranger Alex und Ana als Prinzessin Cinderella

Wie die Zeit vergeht, nun ist es schon wieder ein paar Wochen her, dass ich in Washington, D.C. war. Jenny und ich haben einen Tagesausflug mit dem sogenannten Megabus geplant. Eine Hin- und Rückfahrt ist zu erschwinglichen Preisen – wir haben gerade mal 34 Dollar gezahlt. Für alle die es nicht wissen: Washington ist 3,5h südlich von Philadelphia. Also dachten wir, dass wir an diesem Sonntag mit dem ersten Zug um 6 Uhr nach Philadelphia fahren und von dort aus mit dem Megabus nach Washington. Ich hatte da schon meine Bedenken und habe Jenny gefragt ob wir uns morgens vielleicht anrufen könnten – nur für den Fall, dass JEMAND verschläft. Leider habe ich schon am Abend davor um 23 Uhr einen panischen Anruf bekommen mit: „Scheiße Lisa unser Zug fährt nur Samstags NICHT Sonntags!“ Super, alles schon bezahlt und wie sollten wir jetzt nach Philadelphia kommen? Also Computer hoch gefahren und nach einem Bus nach Philadelphia geschaut. Glücklicherweise habe ich einen auf 6.33 Uhr gefunden. Also scheinbar alles gut. Ganz übermüdet habe ich am Sonntagmorgen um 6 Uhr eine gefühlte Weltreise nach Media gemacht um Jenny abzuholen und dann weiter zu unserem Bus Stopp. Die „Bushaltestellen“ sind hier in Amerika etwas anders, denn Bushaltestellenhäuschen gibt es hier eher selten, hier gibt es einfach nur so ein Minischild am Straßenrand mit der Busnummer welche diese Strecke passiert. Also standen wir, Jenny und mein neues pünktliches Ich, am dunklen Straßenrand und warteten auf den Bus. Der Bus kam, bremste ab und fuhr an uns durch. Sahen wir nicht aus wie Leute die mitfahren wollten? Haben wir uns irgendwie nicht wie Leute die mit dem Bus fahren wollten verhalten? Ich habe keine Ahnung – aber zum Glück war ich top organisiert und hatte noch einen zweiten Bus parat. Man weiß ja nie, vielleicht verpasst man den ersten. Also ab ins Auto und zu einem anderen Bus Stopp gefahren. Dieser kam auch nach 10 Minuten Verspätung nicht an. Mittlerweile war es hell und mein Notfallplan war zu trampen. Mein sogenannter goldener Daumen hat mich noch nie im Stich gelassen – außer an diesem Morgen. Niemand nahm uns mit. Wieso? Keine Ahnung, Amerika ist anders als Mühlenbach. Hahaa. Wir waren sowas von planlos und hatten unseren Washington Ausflug schon an den Nagel gehangen und getrauten uns gar nicht zu unseren Gastfamilien zurück zu fahren und denen das zu erzählen. Auf einmal kam da ein Bus aus dem Nichts und hat sogar angehalten. Der Busfahrer war sehr nett und hat uns erklärt, dass wir auch bis zur nächsten S-Bahnhaltestelle mitfahren können und mit dieser dann nach Philly fahren könnten. PERFEKT!!! Also 2 Dollar für den Bus UND die S-Bahn gezahlt. Mittlerweile war 7.30 Uhr und unser gebuchter Megabus auf dem Weg nach Washington. Aber kein Problem, ich habe extra die ganzen Megabus Abfahrtszeiten studiert und ich wusste, dass genau eine Stunde nach unserem nochmal einer nach Washington fuhr. Also endlich an der 30th Street angekommen, den Weg zum Megabus gerannt und unser wehleidiges und gestresstes Gesicht aufgesetzt und gehofft, dass uns der Busfahrer mitnimmt und er hat uns tatsächlich mitgenommen. Tag gerettet und sicher im Bus auf dem Weg nach Washington. Ende gut alles gut.

 

Washington ist so unglaublich schön. Sehr ruhig, aufgeräumt und sauber weil überall Mülleimer sind. Gar kein Vergleich zu New York oder Philadelphia. In Washington gibt es auch eine Einschränkung für die Größe der Gebäude, deshalb gibt es dort auch keine Wolkenkratzer – wirklich sehr übersichtlich.

 

Hier mal ein Foto von unserer Tour:

Bei Nummer 1 seht ihr das Kapitol in welche der Sitz der Legislative der Vereinigten Staaten ist. Hier finden Sitzungen des Senats und des Repräsentantenhauses statt. Es wurde außerdem anfangs des 19. Jahrhunderts erbaut und war das erste größere Gebäude nach dem Weißen Haus in Washington. Die Stadt wurde um das Kapitol herum aufgebaut.

Bei Nummer 2 ist die „National Mall“ zu sehen welche 4 Kilometer lange ist. Dem Name zufolge könnte man vermuten, dass es hier so etwas wie eine Einkaufsstraße gibt – ist es aber nicht. Die „National Mall“ führt auf das „Monument of Washington“ (Nummer 4) zu und auf der rechten Seite (Nummer 3) sind 5 oder 6 Museen, welche alle kostenlos sind. Auf der linken Seite sind auch noch kleine Gärten mit Skulpturen und immer mal wieder kleine Kiosks.

Das Washington Monument ist ein Marmor Obelisk und wurde zu Ehren des ersten Präsidenten der Vereinigten Staaten erbaut. Hinter dem Monument befinden sich der sogenannte „Reflecting Pool“ und das Lincoln Memorial. Wenn man am Lincoln Memorial (Nummer 6) steht und den Blick auf das Wasserbecken (Reflecting Pool) wirft sieht man eine Spiegelung des Memorials. Der Aufbau ist wirklich sehr beeindruckend.

Auf der linken Seite des Washington Monuments gibt es auch noch ein paar Museen und auf der rechten Seite, Nummer 5, ist dann der Weg zum Weißen Haus. Leider ist dieses, hier auf diesem Foto, nicht mit abgebildet. Aber kein Problem, hier ein Foto von mir mit dem Weißen Haus im Hintergrund.

Die Sicherheitskontrollen sind unglaublich. Wer ca. in 50 Meter Entfernung einen Blick auf das Weiße Haus werfen will, muss sich über das Internet anmelden und sich dann am Tag des Besuchs ausweisen können. Haben wir leider nicht gewusst und sind dann, wie viele andere Touristen, ca. 200 Meter oder noch weiter davon entfernt gestanden. Überall waren Sicherheitskräften zu Fuß, auf Pferden oder auch auf Trucks unterwegs und waren mit Maschinengewehren und anderen Waffen ausgerüstet. Aber nicht nur hier waren Einsatzkräfte präsent, ebenfalls das Kapitol war umstellt und wer zu nahe an das Gebäude heran trat, wurde ermahnt.

 

Das Luftbild sieht so aus, als wäre man innerhalb von 2 Stunden überall gewesen – ist aber nicht so, der Weg ist wirklich weit. Ein Tag ist definitiv zu wenig für Washington deshalb möchte ich aufjedenfall noch ein oder zwei Mal hin um auch noch in mehr Museen zu gehen. Jenny und ich waren nur in dem „American History and Culture“ Museum aber es gibt noch viel mehr wie beispielsweise „National Museum of African Art“, „National Air and Space Museum“, „National Gallery of Art“, „National Jewish Museum“, „National Museum of Crime and Punishment“ oder „United States Holocaust Museum“. Der Eintritt ist für die Museen, die an der National Mall sind, frei und ebenfalls die ca. anderen 40 Museen in Washington sind auch fast alle kostenlos.

 

 

Gestern haben wir einen Tagesausflug nach New York gemacht und wussten dieses Mal, dass wir den Megabus später buchen müssen weil die Züge Sonntags nicht vor 8 Uhr nach Philly  fahren. Überraschenderweise verlief alles reibungslos. Es war fast schon unheimlich.

In New York sind wir dann als erstes zum "Ground Zero", das ist die Gedenkstätte der Zwillingstürme welche am 10. Jahrestag der Anschläge eröffnet wurde. Die Gedenkstätte besteht aus zwei Becken in den "Fußabdrücken" der ursprünglichen Zwillingstürme. Von den fast 10 Meter hohen Wasserfällen fällt das Wasser hinab in die Becken und von dort aus in die Mitte in einen leeren Raum. Die Namen der fast 3000 Opfer sind ringsherum um die Becken eingefräst. Weitere Fotos findet ihr unter Fotos.

Desweiteren gibt es hier noch ein Museum welches leider noch nicht fertig gestellt ist und die Chinesische Wildbirne welche den Namen Überlebensbaum trägt. In den 70er Jahren wurde dieser Baum auf dem Platz vor dem ursprünglichen World Trade Center gepflanzt. Nach dem 11. September wurde er unter den Trümmern gefunden und gesund gepflegt. Wurde anschließend entwurzelt und hier an der Gedenkstätte wieder eingepflanzt und macht seinem Namen alle Ehre und überlebte.

Für das Ground Zero standen wir fast 1,5 Stunden an und wurden durchgecheckt wie am Flughafen. Sobald das World Trade Center wieder vollständig aufgebaut ist, wird die Gedenkstätte aber von allen Seiten zugänglich sein.

 

Anschließend sind wir mit der Fähre zur Staten Island gefahren und wieder zurück. Eigentlich wollten wir mit der Fähre direkt zu der Statue of Liberty aber diese ist momentan noch nicht besuchbar auf Grund des Hurrikanes. Anscheinend hat sie ein paar Schäden erlitten.

Später ließen wir uns noch von der Menschenmasse auf dem Times Square treiben und musste uns dann auch leider schon bald wieder auf den Weg zum Megabus machen. Ich habe extra darauf gepocht früh genug los zu fahren damit wir genügend Pufferzeit für den Zug haben. Um 21.40 Uhr haben wir Philadelphia pünktlich auf die Minute erreicht und hätten eigentlich noch bis 23.15 Uhr auf den Zug warten müssen. Hatten wir natürlich keine Lust also haben wir gedacht, fahren wir mit der S-Bahn und anschließend mit dem Bus - so wie wir es auf dem Hinweg bei unserem Washington Trip gemacht haben. Also ab gings in die nächste S-Bahn und als wir dann an der 69th Street ausgestiegen sind, war ich echt froh nicht alleine zu sein.

Ich will nicht abwertend sein aber es war unglaublich was sich abends so rumtreibt. Das Verhalten der meisten Bettler ist hier etwas penetranter als in Deutschland, denn die Leute kommen wirklich direkt in die U-Bahnen/S-Bahnen und brüllen, dass sie obdachlos sind und Geld wollen. Niemand schaut die Leute an, jeder schaut weg und ignoriert. Um hier überhaupt in die U-Bahn zu kommen muss man sein Ticket am Schalter vorzeigen um dann die Schranken zur U-Bahn passieren zu können.  Oftmals schreien die armen Leute vor diesen Schranken nach Geld und Tickets und lassen von einem auch nicht mehr ab sobald man ihnen Aufmerksamkeit schenkt.

Aufjedenfall waren Jenny und ich dann auf der Suche nach einem Bus - vergeblich. Uns ist dann auch erst bewusst geworden, dass die Bus Stopps viel zu weit weg sind von unseren  Zugstationen wo unsere Autos stehen. Also haben wir uns wieder in die S-Bahn Richtung Philly gesetzt um den letzten Zug zu erwischen. Auf dieser Strecke wurden wir von einem betrunkenen Gangster unterhalten. Besser gesagt ich weil Jenny einfach aus dem Fenster geschaut hat. Also habe ich mir um die 15 Minuten seine Lebensgeschichte angehört und habe zum Abschluss noch ein "High Five" bekommen. 

 

Endlich in Philadelphia angekommen, haben wir an unserem Gleis nach Media auf den Zug gewartet und uns über unsere sinnlose Spazierfahrt lustig gemacht. Irgendwann frage ich Jenny wo unser Zug bleibt. Ich hatte schon ein ganz komisches Gefühl, stehe auf und sehe, dass hinter uns ein Zug rollt. Der Letzte Zug rollt an uns vorbei. Und ich habe an Julia Knäble und mich gedacht. Gibt es was Schlimmeres? Wir sind das Gleis entlang gelaufen und trafen dann ein Mann von der Bahn und er meinte, dass der Zugführer nicht mer zum bremsen kam und deshalb aus dem Gebäude raus gefahren ist. Wo gibt's denn sowas? 5 Minuten später kam der Zug rückwärts wieder rein gerollt und wir kamen zum Glück doch noch nach Hause nach Media. Also keine Sorge, das Adrenalien fehlt mir nicht.

 

Bis zum nächsten Mal wünsche ich euch ne gute Zeit, auch trotz des trostlosen Herbstwetters!

 

Eure Lisa

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Kommentare: 3
  • #1

    Steffi (Donnerstag, 15 November 2012 13:15)

    Das ist einfach eine typische Geschichte in den Tagen einer Lisa :D

  • #2

    Mama (Freitag, 16 November 2012 16:54)

    Aber wirklich, Lisa mir steigt das Adrenalin schon beim Lesen.
    Und das mit dem Trampen lässt Du mir aber bleiben!

  • #3

    Sylvia (Donnerstag, 20 Dezember 2012 14:04)

    Hallo Lisa,

    komme endlich dazu, Deine Bericht zu lesen. Wenn Du das nächste Mal in NY bist, musst Du unbedingt einen Rundflug mit dem Hubschrauber machen. Lohnt sich wirklich. Man fliegt unter anderem um die Statue of Liberty herum. Wäre doch was für Dich und Julia, die ja schon zu Dir unterwegs ist. So wirst Du New York jedenfalls nie mehr sehen.