Jedno pivo molim te!

Halli Hallo,

 

Ich habe meine Gastfamilie unter die Lupe genommen, damit ihr Bescheid wisst, mit wem ich hier zusammen unter einem Dach lebe.

 

Alex, das ist der Sohn, hat etwas längere wellige braune Haare, eine Brille, verliert gerade seine Milchzähne und ist ziemlich clever für seine 7 Jahre. Beispielsweise kann er mir ziemlich gut mit Synonymen und guten Umschreibungen auf die Sprünge helfen, falls mir Vokabeln fehlen. Er ist sehr ehrgeizig und hasst es beim Spielen zu verlieren aber bei Hausaufgaben ist er eher der faule Typ und es ist manchmal sehr schwer ihn dafür zu motivieren.


Ana hat heute ihren 6. Geburtstag und meinte heute: „Heute ist der Tag an dem ich die Königin bin!“ Allerdings nicht nur heute soll gemacht werden was sie wünscht sondern auch an den Tagen davor hat sie sich als zickige Königin entpuppt. Aber keine Sorge, ich hab sie schon im Griff – jaja strenges Au Pair :-)
Soo, also Ana steht auf Hello Kitty und alles was pink und glitzrig ist. Die eine oder andere Freundin von mir würde wahrscheinlich vor Neid erblassen, wenn sie die vielen Hello Kitty Sachen sehen würde. Denn Ana besitzt unzählige Hello Kitty Stifte, Sticker, Notizbücher, Kuscheltiere, Puzzles, Unterwäsche, Klamotten und schieß mich tot! Außerdem geht die Kleine auf Rolling Stones ab wie kein anderer. Überhaupt tanzt sie zu Musik wie eine Irre und ich frage mich wo sie die Energie von morgens bis abends nimmt. Leider habe ich den Fehler begonnen mit ihr „Flieger“ zu spielen. Für alle die nicht wissen was das ist: ich halte sie am Bauch fest, sodass sie waagerecht in der Luft „schwebt“ und dann breitet sie ihre Arme aus und dann hebt das Flugzeug ab. Im Klartext, ich renne durch das Haus. Irgendwann muss der Flieger natürlich auch landen und dann werfe ich sie auf das Sofa und natürlich wird jedes Mal nach Wiederholung gebettelt.

 

Alex und Ana sind außerdem Pokemon Fanatiker, denn sie besitzen beide jeweils einen riesen Ordner mit Pokemonkarten. Die beiden teilen auch ihre Leidenschaft zu Karate und Piano.

 

Nun zu meinen Gasteltern. Ivana studierte Jura in Serbien und kam nach ihrem Studium zu ein paar Freunden zu Besuch nach New York. Das war Anfang der 90er Jahre als der Bürgerkrieg in Jugoslawien ausbrach und somit alle Flüge in diese Richtung gesperrt wurden. Auf Grund dessen erhielt sie die amerikanische Staatsbürgerschaft und war nun gezwungen sich ein neues Leben auf zu bauen. Das Jura Studium ist in Amerika natürlich anders aufgebaut als in Serbien und deshalb musste Ivana auch hier nochmal neu beginnen. In Amerika ist es so, dass man vor dem eigentlichen Jura Studium erst einmal 4 Jahre etwas anderes studieren muss, beispielsweise hat Ivana Philosophie studiert und als Nebenfach hatte sie Deutsch.
In meinem letzten Bericht habe ich euch über meine Vermutung berichtet, dass Ivana ein Kontrollfreak sein könnte. Diese Vermutung hat sich bestätigt. Mein Handy muss ich ständig bei mir haben, denn beispielsweise habe ich Alex vor ein paar Tagen zu einem Freund gefahren und nachdem ich ihn dort abgeliefert habe und alles gut gelaufen ist, erwartete sie von mir, dass ich sie kontaktiere um dies mitzuteilen.

Apropos Handy, bevor ich hier her gekommen bin, hieß es, dass ich ein eigenes Handy mitbringen soll. Also habe ich an dem Tag bevor ich geflogen bin noch ein Handy gekauft und wollte mir hier in den Staaten eine SIM-Karte kaufen und als ich sie danach gefragt habe, ob sie mir dabei helfen kann, meinte sie, dass ich ein altes Handy von ihr haben kann. Sie bezahlt mir den Vertrag. Okay super nett denn dadurch spare ich Geld aber was mache ich jetzt mit meinem neuen Handy?! Ich benutze es nun als Wecker..

 

Naja zurück zu Ivana. Außerdem hat sie recht wenig Vertrauen in meinen Fahrstil. Eine der obersten Regeln ist, NIEMALS auf einen Beschleunigungsstreifen in die Schnellstraße einlenken?! Deshalb muss ich nun einmal im Viereck fahren und dann bei der Ampelanlage auf die Schnellstraße einfahren. Das ist viel sicherer. Wenn ich Ana zur Schule fahre, darf ich auch nicht links zur Schule abbiegen, denn Ivana will nicht dass ich dem Gegenverkehr in die Quere komme. Ich könnte ja ein Auto übersehen. Deshalb muss ich ungefähr 500 Meter weiter zu einem Supermarkt fahren, dort einmal wenden und den Weg wieder zurück fahren und dann rechts abbiegen.
Sicherheit wird hier ganz groß geschrieben. Für einen Regelbruch hat sie auch echt krasse Sanktionen. Aber was will ich machen, diskutieren wäre zwecklos, sie ist der Boss und ein bisschen kann ich sie auch verstehen.
Sie bot mir an, dass ich ein paar Stunden mit einem Fahrschullehrer fahren könnte aber ich versicherte ihr, dass das nicht nötig sei und dass sie sich keine Sorgen machen soll weil ich mich beim Autofahren sicher fühle. Das hat sie wohl nicht sonderlich interessiert, denn am Sonntagabend gab sie mir einen 150$ Scheck und meinte, dass das für zwei Fahrstunden sei. Ich habe mich wie süße 17 gefühlt und habe am Montag mit Steve ein wenig Zeit auf dem Highway verbracht. Steve war der Fahrschullehrer und er meinte, dass die Deutschen eine sehr gute Fahrausbildung haben und dass ich ebenfalls einen guten und sicheren aber leicht rasanten Fahrstil habe. Ich sei also willkommen in Amerika weil hier jeder etwas zügiger fährt, ob mit oder ohne Grund.
Hier in Amerika bekommen die Jugendlichen, die einen Führerschein machen wollen, ein Buch in welchem die Eltern Fahrstunden notieren sollen, natürlich kann hierbei jeder schummeln. Sobald eine bestimmte Anzahl von Stunden notiert wurde, können die angehenden Fahrer zur Prüfung zugelassen werden, bei welcher allerdings viele durchfallen weil eben nicht genügend geübt wurde oder weil die Eltern einen falschen Fahrstil vermitteln. Deshalb meinte Steve, dass er die deutsche Fahrpraxis bevorzugt und dieses System hier auch gerne hätte, denn es passieren hier auch sehr viel mehr Unfälle.

Hierbei wären wir dann auch wieder bei Ivana die mir verboten hat auf den Beschleunigungsstreifen zu fahren, denn als mal wieder (!!!) ein Unfall auf der Schnellstraße passiert ist, kam sie zu mir ins Zimmer und hat das Fenster geöffnet, dass ich die vielen Einsatzkräfte hören kann und um mir zu versichern, dass sie nicht verrückt sei.

 

Mein Gastvater heißt Anthony, bevorzugt es aber Tony genannt zu werden, ist ein Amerikaner und hat hier Jura studiert und hat seine eigene Kompanie. Er ist eigentlich jeden Tag 12 Stunden oder länger aus dem Haus aber ist dennoch gut gelaunt wenn er von der Arbeit kommt. Tony hat auch mal einen coolen Spruch parat und ich kann mich mit ihm etwas lockerer unterhalten weil er auch gerne mal etwas von sich erzählt oder vielleicht etwas mehr an einem Gespräch interessiert ist als Ivana. Außerdem spielt er und Alex Tennis und wir haben an meinen ersten Abend als ich gekommen bin 2 Stunden auf dem Tennisplatz verbracht. Ivana scheint mir eher rational und reserviert. Naja abwarten, so lange bin ich auch noch nicht hier.

 

Seit Juni verbringt Ivanas Mutter, Sonja, ihr Zeit hier in Amerika. Sie bleibt hier bis Mitte Oktober weil ihr Mann vor ein paar Monaten gestorben ist. Bei den Kindern heißt sie „Baka“. Das ist serbisch und heißt Oma. Sonja kocht, wäscht, arbeitet im Garten und macht sonstige Arbeiten die so anfallen. In meinem vorigen Bericht habe ich bereits erwähnt, dass ich mir ihre Gerichte und Backwaren wie beispielsweise Brot oder Kekse notieren soll. Als sie das Brot gebacken hat, habe ich sie geliebt, denn es war wirklich eine leckere Abwechslung zum Toastbrot. Sie macht auch einen sehr netten und sympathischen Eindruck und ich muss sagen, dass es sehr schade ist, dass ich mich kaum mit ihr unterhalten kann weil sie eben nur serbisch spricht. Englisch versteht sie ein bisschen und letztens hat sie mich sogar mit deutsch überrascht. Ich muss wohl einen ziemlich hektischen Eindruck gemacht haben und dann meinte sie zu mir: „Mädchen, langsam aber sicher!“ Ansonsten unterhalte ich mich mit ihr mit Hand und Fuß, Wörterbuch oder auch mal mit einem deutsch-serbischen Übersetzter aus dem Internet, was eigentlich ganz cool ist, denn so nebenbei lerne ich sogar ein bisschen serbisch. Falls ich jemals nach Serbien kommen sollte, könnte ich mir sogar ein Bier bestellen :-) „Jedno pivo molim te!“ Und falls ich es dann wirklich bekomme, dann natürlich brav „hvala!“ sagen.
Sie verbringt auch viel Zeit auf dem Balkon wo sie unzählige Zigaretten qualmt oder auch am Laptop, an welchem sie Solitär spielt oder mit ihren serbischen Verwandten und Freundinnen skypt.

 

Und nun ist es an der Zeit die Königin an der Haltestelle abzuholen und dann lecker Flammenkuchen essen :-)

 

Liebe Grüße aus Media!

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Mama (Samstag, 15 September 2012 11:29)

    Nun ist es an der Zeit, dass ich Dir auch mal in den Blog schreibe und ihn nicht nur lese.
    Deinem Bericht nach bist Du dort wirklich angekommen und bis jetzt gefällt es Dir ja ziemlich gut.
    Weiter so und verscherze es Dir nicht mit Deiner Gastmama:) Deine Mama aus Deutschland:D

  • #2

    Felix (Sonntag, 16 September 2012 13:11)

    Die Mamas halten eben zusammen ;)